Der Titel dieses Bildes heißt "Was wurde aus Habeenah?", aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht einmal ob Habeenah überhaupt Habeenah hieß....
Aber der Reihe nach:
1990 war ich zum ersten Mal in Longido.
Ich glaube, wenn man als Europäer das erste Mal in Afrika ist, braucht es eine gewisse Zeit, die Gesichter unterscheiden zu können (umgekehrt soll es übrigens genauso sein - ein afrikanischer Freund berichtete mir, dass für ihn, als er das erste Mal nach Europa kam, alle Gesichter gleich aussahen).
Wobei es heute, wo es sowohl hier wie auch dort eine größere Vielfalt gibt, wahrscheinlich schneller geht.
Überall auf der Welt gibt es schöne Gesichter und weniger schöne, es gibt faltige, glatte, feine, grobe, schmale, breite, kantige, runde und durchschnittliche Gesichter.
Und solche, die man nie vergisst.
Da war ein Mädchen, das hatte so ein Gesicht. Sie mochte ungefähr fünf Jahre alt gewesen sein und ich konnte meinen Blick kaum von ihr abwenden, weil sie so unglaublich niedlich war.
Sie hatte ein zerrissenes rosa Leinenkleidchen an, aber sie bewegte sich wie eine kleine Königin. Ich habe nie herausgefunden wie sie hieß und wo sie herkam,
aber einmal hörte ich, wie ein anderes Kind sie "Habeenah" rief. Es kann auch was anderes geheißen haben, aber Habeenah ist tatsächlich ein suahelischer Mädchenname. Er heißt "die Liebste" und das fand ich sehr passend für dieses besondere Kind. So hab ich sie fortan in meinen Gedanken Habeenah getauft. Leider hab ich sie nie wieder gesehen.
Ich frage mich oft, was aus den Menschen in Longido geworden ist, so wie ich mir allgemein immer viel Gedanken über die Menschen mache, die mir begegnen.
Dieses kleine Mädchen müsste heute eine erwachsene Frau sein. Wo sie wohl lebt und wie es ihr geht? Ob sie selber schon Kinder hat? Ob sie in Longido geblieben ist? Ich werde es wohl nie erfahren, genauso wenig, wie sie erfahren wird, dass noch ein altes, verblichenes Foto von ihr existiert, auf dem sie noch ganz klein war. (das ich aus Datenschutzgründen hier natürlich hier nicht zeigen möchte).
Wahrscheinlich wird sie nie erfahren, dass es ein Gemälde gibt, das ihr gewidmet ist.
Und nun sogar ein Gemälde, das ihr gewidmet ist.
Was mich dabei in künstlerischer Hinsicht so fasziniert, ist Folgendes:
Man kann auf zwei Arten Portraits zeichnen: Entweder man malt eine reale Person ab, indem sie einem Modell sitzt oder nach einem Foto, oder man kann eine Figur frei erfinden und aus dem Kopf malen. Dieses Gemälde ist so ein Zwischending. Nicht real, aber auch nicht frei erfunden. Ich habe es zwar aus meiner Vorstellung heraus gemalt, aber doch nach einem realen Menschen. Ein Spiel mit Wahrheit und Fiktion, ein Rätsel, das für immer ungelöst bleiben wird. Vielleicht lebt ja tatsächlich irgendwo in Tanzania eine Frau, die genauso aussieht wie auf meinem Gemälde, eben diese Frau, der ich, als sie noch ein kleines Mädchen war, einmal begegnet bin.
Welche Farbe soll ich nehmen?
Mit dem gewöhnlichem Paint-Standartprogramm und der Mouse habe ich auf dem Computer erst mal verschiedene Varianten ausprobiert, bevor ich mich mit "echter", sprich stofflicher Farbe an die Leinwand machte.
Hier - noch im Anfangsstadium - sieht man, dass wieder einmal meine Tochter herhalten musste, was Größe, Haltung und Figur betrifft...
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